M. Kehrli: Die Reismusketen-Schützengesellschaft der Stadt Bern

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Titel
Die Reismusketen-Schützengesellschaft der Stadt Bern – gegründet 1686.


Herausgeber
Kehrli, Manuel
Erschienen
Bern 2009: Stämpfli Verlag
Anzahl Seiten
120 S.
Preis
ISBN
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Thomas Schmid, Worblaufen

Das gediegen gemachte Bändchen ist ein erfreulicher Beweis, dass nicht immer der Anstoss eines runden Jubiläums nötig ist, damit ein Verein sich neu mit seiner Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auseinandersetzt. Auch wenn sich die Publikation als Geschenk bei Neuaufnahmen «in erster Linie an die Mitglieder» der burgerlichen Reismusketen-Schützengesellschaft richtet, soll doch auch ein weiteres Publikum angesprochen und informiert werden. Hierfür eignen sich die sowohl konzisen als auch reich und qualitätvoll illustrierten Beiträge zweifellos.

Manuel Kehrli stellt nach einem einleitenden allgemeinen Überblick zum organisierten (städtischen) Schützenwesen im Mittelalter die Entwicklung in Bern vom 14. Jahrhundert bis 1798 dar, ein Zeitraum, der in den bisherigen Gesellschaftsgeschichten weniger berücksichtig worden sei. Entsprechend widmet sich der Beitrag für die Zeit vor der Gründung der Reismusketen-Schützengesellschaft 1675 / 1686 auch der Gesellschaft zu Schützen (Zielmusketen).

Anschaulich zeigt Kehrli die entscheidende Bedeutung obrigkeitlicher Impulse und Regulierung für das Schützenwesen auf. Deutlich wird dabei, dass die divergierenden Interessen von Schützen (Wettkampf, Geselligkeit / Pflege von Netzwerken) und Obrigkeit (militärisches Training) oft genug das Funktionieren der Schützengesellschaften beeinträchtigten. Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts wurden obrigkeitliche Neugründungen und Reorganisationen schon fast zur Regel (gerade bei der Reismusketen-Schützengesellschaft), was Kehrli darauf zurückführt, dass mit der Abschliessung des Regiments die Schützengesellschaften ihre Funktion als «Karrieresprungbrett» und damit einen entscheidenden Teil ihrer Attraktivität einbüssten.

Fachkundig fallen auch Kehrlis Exkurse etwa zum Berner Schützenfähnlein, zum Reismusketen-Wappen oder zu den Schützenhäusern aus.

Mit einiger Sorge blickt danach Peter Rolf Hubacher auf die Zukunft des Schiesswesens ausser Dienst. Ein allfälliger Verzicht auf die Abgabe persönlicher Waffen – sei es wegen des wachsenden Unbehagens in der Bevölkerung oder wegen der sich wandelnden Bedürfnisse der Armee – und damit verbunden der Wegfall der ausserdienstlichen Schiesspflicht würde wohl die meisten Schützenvereine vor existentielle Probleme stellen. Der Reismusketen-Schützengesellschaft dürfte in diesem Fall zugutekommen, dass sie sich nicht nur als Sportverein versteht.

Alt Burgergemeindepräsident Kurt Hauri (†) beleuchtete in seinem Beitrag das enge Verhältnis zwischen der (privaten) Reismusketen-Schützengesellschaft und der Burgergemeinde, das sich einerseits in personellen Verflechtungen zwischen den bürgerlichen Behörden und der Gesellschaft manifestiert und andererseits in der vielfältigen finanziellen Unterstützung durch die Burgergemeinde. Als zunftübergreifendes Netzwerk engagierter Burger trage die Gesellschaft ihrerseits wesentlich zum Funktionieren der Burgergemeinde bei (so die implizite Aussage).

Beiträge von Marcel Gerber, Michael Kientsch, Christian Beck, Ueli Muggli, Peter Giger, Andreas Burkhard, Alex Krneta und Roland Jordi sind dem vielfältigen Gesellschaftsleben, dem Silbergeschirr und dem Schützenkeller gewidmet. Den Band beschliesst ein Anhang von Peter Rytz und Manuel Kehrli mit den üblichen hilfreichen Verzeichnissen und einem Inventar des Gesellschaftssilbers.

Insgesamt wird eine willkommene Ergänzung der älteren Gesellschaftsgeschichten geboten und ein informativer Einblick in die Gegenwart der Gesellschaft gewährt. Eine umfassende moderne sozial- und kulturhistorische Darstellung der Geschichte der Reismusketen-Schützengesellschaft (die zu sein das Büchlein wohlgemerkt keinen Anspruch erhebt) bleibt aber ein Desiderat.

Zitierweise:
Thomas Schmid: Rezension zu: Die Reismusketen-Schützengesellschaft der Stadt Bern – gegründet 1686, Redaktion: Manuel Kehrli. Bern: Atelier Design+Druck; Stämpfli 2009. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 74 Nr. 4, 2012, S. 67-68.

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Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 74 Nr. 4, 2012, S. 67-68.

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